Eingestellt: | 2008-09-02 |
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JK © | |
Ein Rätselfoto: eine auf einem Binsenstängel aufgespießte Frühe Heidelibelle (Sympetrum fonscolombii), aufgenommen am 21.08.08 am Canal de Vergières in Südfrankreich Damals stand der Neuntöter in dringendem Tatverdacht; ich habe den mutmaßlichen Täter dort nicht beobachten können, was nicht heißt, dass er dort nicht vorkommt. Die Binsenspitze durchbohrte den Kopf des Opfers an der Stirn und ragte hinten wieder heraus. Ich bin auf dieses Tier nur deshalb aufmerksam geworden, weil ich mich wunderte, dass es so seltsam am Stängel hing und auch nicht abflog, als ich ganz nah dran war. Dann sah ich den verdrehten Kopf und die Binsenspitze im Kopf. Wir haben das Rätsel damals nicht ganz klären können, vielleicht weiß jetzt jemand mehr Rat. Gruß P.S. Thorsten, so etwas ist doch etwas für dich? :) |
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Technik: | Canon 40D + Sigma 150 mm/2.8, 1/15 Sek., f8, ISO 100, Stativ, SVA |
Fotografischer Anspruch: | Fortgeschritten ? |
Natur: | Beeinflußte Natur ? |
Größe | 239.6 kB 600 x 900 Pixel. |
Ansichten: | 2 durch Benutzer199 durch Gäste753 im alten Zähler |
Schlagwörter: | heidelibelle sympetrum |
Rubrik Wirbellose: |
Aber "nichts genaues weiß man nicht". ;)
Gruß Frank
das ist ja eine muntere Diskussion, die mir gefällt! Vielen Dank für eure Beiträge!!! Die Vorgänge, die zu dem Schicksal dieser Libelle geführt haben, werden wir nie sicher klären können.
@ Kai: Vielen Dank auch für deinen Lösungsansatz, dem ich mich allerdings nicht so recht anschließen mag. Aus meinen Erfahrungen als Lehrer weiß ich zwar, dass es viele böse Buben gibt, kann mir aber nicht vorstellen, dass dort in der Wildnis am CdV solche Kinder herumtobten. Sie hätten ja auch noch die Libelle fangen müssen, was ohne Netz gar nicht so leicht ist. Die Leute, die dort erscheinen, sind eigentlich echte Naturfreunde, die nicht zu solchen Untaten neigen.
Eine Binsenspitze kann sehr hart und spitz sein. Ich glaube, dass sie durchaus einen Libellenkopf durchstoßen kann, ohne sich dabei wesentlich zu verformen.
@ Thomas: Die Libelle wurde so fotografiert, wie sie dort hing. Oben ist also oben, unten ist unten. Den verdrehten Kopf versuche ich weiter unten in meiner Hypothese zu erklären.
@ Oliver und Lukas: Das Alter der Libelle kennen wir nicht genau. Ein Jungtier ist es nicht. Ich schätze auch, dass das arme Tier im besten Mannesalter stand und nehme mal ganz vorsichtig 2-3 Wochen an.
Nach all den Erklärungshypopthesen neige ich weiterhin zu folgender Geschichte, die am ehesten zu Kurts Version passt, der sich wohl auch Lukas anschließen kann: Die Libelle hat sich beim Anflug auf die Sitzwarte den Binsenstängel in den Kopf gerammt, wobei der Wind durchaus eine unterstützende (nachschiebende) Wirkung gehabt haben kann. Der den Kopf durchbohrende Stängel lag zu diesem Zeitpunkt noch über dem grünen Binsenstängel. Dann wurde der geschwächte Libellenkörper durch einen Windstoß unter die Binse gedreht, die Libelle konnte sich nicht mehr aufrichten. Der Kopf machte die Drehung nicht mit, weil der Binsenstängel sehr fest in ihm steckte, wurde aber mit nach unten gezogen. Er blieb in der Stellung, in der sich die Binse in ihn hineingebohrt hatte, daher die um 180° verdrehte Lage. Als ich nach dem Foto den Binsenstängel herauszog, war ich erstaunt, wie fest er steckte - eine Drehung im Kopf mit der Kraft der Libelle war bestimmt nicht möglich.
OK, wie dem auch sei, sicher werden wir es nie erfahren. Ich wollte das Bild zeigen, weil ich eine solche Szene bei Libellen noch nie gesehen hatte und euch an meiner Beobachtung teilhaben lassen wollte.
Grüße und nochmals vielen Dank an euch alle!
Jens
Ich finde die Aufnahme erstmal sehr gelungen, in typischer Kählert-Quali, und ein schönes Tier ist es noch dazu.
Die hier geäusserten Theorien scheinen mir alle etwas unglaubwürdig. Neuntöter: Hätte die Libelle zuerst irgenwo zerdrückt (was hier nicht der Fall ist). Dass die Libelle sozusagen selbst in die Spitze geflogen wäre, scheint mir SEHR unwahrscheinlich, denn diese Halme sind doch ziemlich biegsam und er hätte sich so doch von der Libelle weggebogen, wenn diese ihn irgendwo an seiner Spitze berührt hätte. Auch ist die Libelle ja rund, dort wo der Halm sie hier durchdringt, sodass er eben abrutschen müsste und nicht mittendurch ginge.
Aus meiner Erfahrung als neurochirurgischer Assistenzarzt (lang ist's her) kann ich vermelden, dass ich auch schon Menschen mit ähnlichen Verletzungen gesehen habe. In keinem dieser Fälle war es so, dass der arme Betroffene selbst gegen die Spitze gelaufen war. Es ist in solchen Fällen praktisch immer von äusserer Gewalt auszugehen (Ausnahme: Sturz auf eine Spitze - aber das kommt hier bei der Libelle sowieso nicht in Frage). Auch wenn der Vergleich vielleicht hinkt, so komme ich hiermit zu meiner Theorie: Das waren spielende Kinder oder sonstige Naturfreunde, die die Libelle eingefangen haben und dann so zugerichtet haben. Schrecklich, aber das scheint mir das wahrscheinlichste ..
Gruss Kai
tut mir Leid, aber diese Hypothese erscheint mir abwegig. Klingt wie eine BILD-Schlagzeile ....
Der Vergleich Mensch - Lieblle hinkt m.E. auch völlig. Das Tier ist auf einer trockenen Binsenspitze aufgespießt, und daran können sich auch Menschen verletzten, so spitz und hart sind die (mir selbst schon passiert). Und dieser Sumpf ist vermutlich gespickt mit Tausenden von Binsenhalmen, darunter jede Menge alte, trockene, harte. Aber auch die frischen sind nicht ohne. Und wenn man sich jetzt vorstellt, dass vielleicht Hunderte von Libellen tage- und wochenlang mit rasenden Flugbewegungen da drin rumschwirren, ausgestattet mit Augen, die zwar Bewegungen sehr gut erkennen können, statische Details in der Nähe aber praktisch nicht, erscheint die Wahrscheinlichkeit, dass eine davon versehentlich mal genau in so eine Binsenspitze rast und sich dabei selbst aufspießt, keineswegs gering. Das wäre so, als würde eine Horde Menschen in einem mit Dolchspitzen präparierten Fußballstadion umherrennen, und zwar halbblind. Wetten, dass Du unter solchen Umständen als Assistenzarzt ne Menge ungewollter, selbst-zugefügter Stichverletzungen zu behandeln hättest?
Und was die Panzer-Hypothese betrifft: Du kannst mit praktisch jedem Objekt praktisch jede Oberfläche durchdringen, wenn dieses Objekt nur schnell genug ist. Siehe weiche Hand auf hartes Brett oder Kopf auf Betonplatte beim Karate.
Gruß
Kurt (der ans Gute im Menschen glaubt und nicht gleich überall sadistische Kinder vermutet )
genau, die Geschwindigkeit. Ich glaube einfach nicht, dass Libelle oder Halm schnell genug waren (bzw. der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den beiden auf natürliche Weise gross genug war), dass es zu einer solchen Durchdringung kommen konnte. Nein, da war ein Missetäter am Werk, glaub' ich (wenn es kein Mensch war, dann war es vielleicht doch ein Neuntöter). Aber ich kann es natürlich genauso wenig beweisen wie alle anderen ...
Gruss Kai
Logisch, das kann ich natürlich auch nicht. Aber zur Verdeutlichung: wir sprechen hier von Fluggeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h!!!! Oder umgerechnet: die Libelle schafft bis zum 200fachen ihrer eigenen Körperlänge pro Sekunde!!!!
Auf menschliche Verhältnisse umgerechnet, wären das ca. 1260 km/h, also schon Überschallgeschwindigkeit. Da hilft der Libelle kein Chitinpanzer und dem Menschen kein Stahlmantel mehr ....
Gruß
Kurt
das klingt schon stimmig mit der "Selbstmord"-Hypothese... das könnte ja auch bei der Märzfliege hinkommen, und wenn die wie üblich in Schwärmen rumschwirren, könnte dieses Missgeschick, wie von Nele unter dem anderen Bild beschrieben, ja auch durchaus in einer gewissen Häufung auftreten.
Und da denke ich auch, dass es relativ wurscht ist, ob das Tier nun frisch geschlüpft ist oder schon ausgehärtet, schließlich ist diese Libelle ja schon mindestens ein paar Wochen alt (denke ich mal...), und kann nicht allzulange dort gehangen haben, so wie sie aussieht. (Wahrscheinlich machen sich auch schon nach kurzer Zeit Wespen usw. drüber her.)
Summa summarum bisher das Überzeugenste
LG, Lukas
[B]Nachtrag vom 2008-09-02 22:26:24[/B] durch Lukas Thiess:
Oli, "Blowin' in the Wind" passt wirklich gut
ich summe gerade "The answer, my friend, is blowin' in the wind..." zu deiner sehr guten Aufnahme. Schade, um das hübsche Tier, die Frühe Heidelibelle ist zu früh gestorben, anscheinend war sie im besten Alter, so frisch wie sie noch wirkt.
Aber darum geht es ja nicht...
Was mich stutzig macht, ist, dass der Binsenstängel so exakt im Kopf steckt, zwischen den Augen und an einer weicheren Stelle.
Aber wenn Zufälle zusammenkommen, dann richtig.
Danke fürs Zeigen dieser sehr interessanten Aufnahme.
Viele Grüße
Oli
Gut gesehen - aber das bestärkt die "versehentlicher-Selbstmord"-Hypothese, denn genau da liegt m.E. der Bereich, den die Libelle nicht mehr sehen kann. Oder, Thosten????
vielen Dank für eure Beiträge und eure Erklärungsversuche!
Des Rätsels Lösung werden wir wohl nie sicher bekommen, aber mir gefallen eure Gedanken zu dieser "Dolchstoßlegende"!
@ Kurt: Oben in meiner Beschreibung findest du einen Link zu Neles Märzfliege.
Unter jenem Bild hatte ich schon meine Zweifel an der Neuntöter-Hypothese geäußert, ohne eine bessere zu haben. Dein Beitrag, Frank, verstärkt eine Vermutung, die in dieselbe Richtung geht wie Kurts Gedanken: Der Wind - und davon gab's im Rhonedelta zeitweise genug - könnte das Tier bei der Landung gegen einen Binsenstängel gepresst und aufgespießt haben.
Jungtiere sind noch sehr weich, dieses Tier ist aber ein adultes, längst ausgefärbt und ausgehärtet. Es müsste mehrere Tage in dieser unglücklichen Lage gefangen gewesen sein.
Die Libelle könnte ganz normal auf dem grünen Binsenstängel gelandet sein und sich dabei die trockene und harte Spitze einer anderen Binse in den Kopf getrieben haben, ebenso unbeabsichtigt wie Franks Flegen am Kaktus. Schließlich konnte sich die Libelle nicht mehr aufrecht halten (Entkräftung und/oder Wind) und in diese Lage unter dem grünen Binsenstängel geraten sein. Dabei wäre ihr der Kopf verdreht worden.
Nochmals vielen Dank an euch alle! Vielleicht gibt's ja noch weitere Vermutungen?
Gruß
Jens
Hallo Jens,
könnte so gewesen sein, aber meine Vorstellung war eher die, dass die Libelle bereits unter dem grünen Stängel entlanggeflogen sein, sich dort aufgespießt und dann den Körper nach oben gedreht haben könnte, also genau umgekehrt, wie Du vermutest.
Aber auch dies natürlich nur wilde Spekulation ....
Gruß
Kurt
eine hochinteressante Aufnahme, natürlich auch fotografisch einwandfrei, aber das tritt hier, denke ich, etwas in den Hintergrund.
Ich glaube eigentlich nicht, dass ein Neuntöter (oder ein anderer Würger) hierfür verantwortlich ist. Erstens dürfte eine Sympetrum rein gewichtmäßig schon etwas über dem für ihn üblichen Beutespektrum liegen (nehme ich jedenfalls an...?), zweitens spießt der seine Opfer wohl kaum auf der Spitze einer wabbeligen Binse auf, und drittens läuft der Stengel ja durch die Stirn, was die Libelle zwar ärgern dürfte, aber sicher weniger stabil ist, als wenn man sie auf dem Thorax aufspießen würde.
Auch fallen mir keine weiteren Vögel ein, die für derlei in Frage kämen.
Ob dafür nun letztlich Parasiten oder was weißichwas verantwortlich sind... keine Ahung, nicht mal in eine grobe Richtung...
Würde mich aber sehr über eine Auflösung oder auch nur weitere Hypothesen freuen!
LG, Lukas
@ Nele: kann leider Deine Märzfliege nicht finden. Setzt Du mal nen Link zu ihr? Muss ja nicht in beiden Fällen derselbe Verursacher gewesen sein ....
[B]Nachtrag vom 2008-09-02 20:29:09[/B] durch Kurt Möbus:
Noch ein Argument gegen Neuntöter, vielloeicht das schlagende überhaupt: diese Libelle sieht vollkommen unversehrt aus. Ein Neuntöter dagegen tötet seine Beute in aller Regel erst, bevor er sie aufspießt. Und wenn ausnahmsweise mal nicht - keine Libelle, die zuvor in Fängen und / oder Schnabel vom Neuntöter war, sieht hinterher noch so frisch aus.
Dritte Idee: das kann ihr schon beim Jungfernflug passiert sein. Dann sind die Viecher ja noch weich und verletzlich. Dafür spricht, dass sie noch so wie aus dem Ei bzw. der Exuvie gepellt aussieht. Die Verfärbung zum Adulten-Rot kann ja nach dem Aufspießen dann passiert sein.
"Jungfernflug" hört sich für mein Empfinden bisher am überzeugensten an.
Die Märzfliege hat Jens in seiner Beschreibung verlinkt.
Liebe Grüße
Nele
erst einmal Gratulation für diese "Doku vom Feinsten". Die Umstände geben zwar Rätsel auf, aber deine These von "selber Schuld" könnte durchaus "Hand und Fuß" haben.
Auf meiner Kakteensammlung treffe ich eine ähnliche Situation recht regelmäßig an. Dort sind es aber Fliegen, die sich beim Landen verschätzen. Diese können das durchaus mehrere Tage überleben und sitzen dort auch in einer völlig normalen Haltung. Das diese eigentlich aufgespießt sind, merkt man da auch nur durch nähere Betrachtung.
Gruß Frank
[B]Nachtrag vom 2008-09-02 21:01:17[/B] durch Frank Marquard:
P.S. Ob "FIFO" oder "LIFO" ist mir eigentlich egal, aber die History hier ist manchmal zum "aufjaulen"
das ist ja mal ein Ding ...
@ Kurt
Meine Märzfliege damals wurde auch auf einer Binse aufgespießt. Wenn es da ein Neuntöter war, könnte er hier auch verantwortlich gewesen sein. Oder es gibt irgendein anderes Tier, das sowas auch macht.
Dass sie sich selbst aufspießt, kann ich mir kaum vorstellen, aber sicher werden wir das wohl nie wissen.
Die Umsetzung ist dir m.M.n. übrigens perfekt gelungen, Jens!
Liebe Grüße
Nele
zuerst mal möchte auch ich lobend anmerken, wie toll Du diese eigentlich ja eher dokumentarische Aufnahme technisch und gestalterisch umgesetzt hast. Das ist einfach Meisterklasse! Ist es eine S. fonscolombii?
Eine wirklich überzeugende Idee, wie dieses Tier in die missliche Lage gekommen sein könnte, habe ich hier einfach nicht mehr. Neuntöter halte ich für kaum denkbar, der spießt doch von oben her und sucht sich dabei wohl kaum Binsen, sondern einen Dornenstrauch.
Aber einen Gedanken möchte ich trotzdem loswerden: kann das nicht einfach der Libelle selbst passiert sein? Die rasen ja nun mit ziemlichem Tempo durch die Gegend, manchmal hilft der Mistral noch ordentlich nach, und vielleicht saß hier vorher auch noch ein Weibchen (sowas macht ja Männer bekanntlich immer blind ), so dass beim reißenden Flug das Männchen sich selbst aufgespießt hat? Die sind ja dann nicht sofort tot, so kann sie sich vielleicht noch rumgedreht haben und die Füße an den Halm gekriegt.
Tja, das wäre dann mein Vorschlag für die "Dolchstoßlegende".
Viele Grüße
Kurt
[B]Nachtrag vom 2008-09-02 21:55:40[/B] durch Kurt Möbus:
Na klar ist es eine fonscolombii: steht doch groß drunter. Muss ich übersehen haben, hatte wohl nur auf die Schlüsselwörter geschaut ....